
Teures »Good-bye«
»Sehr geehrte Frau Löffler«, schrieb mir dieser Tage ein in Florida lebender Deutscher, »ich besitze seit 2013 eine Green Card, angesichts der politischen Lage hierzulande und der derzeitigen Regierung habe ich aber Zweifel, ob ich mich wirklich auf Dauer in den USA niederlassen will. Ich überlege, meine Green Card wieder aufzugeben. Welche steuerlichen Auswirkungen hätte das möglicherweise?«
Rückgabe der Green Card
Abgesehen davon, dass ich die »Lebensplanung aus politischen Gründen« nicht kommentieren kann und will: Wie »einfach« und ohne Folgen die Rückgabe der Green Card aus steuerlicher Sicht ist, hängt durchaus von den Vermögensverhältnissen ihres Halters oder ihrer Halterin ab. Natürlich kann jeder, der im Besitz einer Green Card ist, seinen Status als »lawful permanent resident« jederzeit wieder aufgeben. Bei längeren Abwesenheiten im Ausland etwa verliert die grüne Karte ohnehin ihre Gültigkeit solange ihr Halter kein »re-entry permit« beim U.S. Citizenship and Immigration Services beantragt hat. Allerdings dürfte es bei einer späteren Einreise in die USA durchaus Probleme geben.
Viel wichtiger aber:
Die Verpflichtung, auch weiterhin eine US-Steuererklärung abzugeben, erlischt keineswegs (ein Trugschluss, der schon vielen teuer zu stehen gekommen ist). Um sich auf Dauer vom Zugriff des Internal Revenue Service (IRS) zu befreien, muss man zum einen das Formular I-407 »Abandonment by Alien of Status as Lawful Permanent Resident« ausgefüllt hat (ja, nicht nur die deutsche Bürokratie kennt sprachliche Monstrositäten …). Zum anderen muss ein Nachweis über die Erfüllung sämtlicher steuerlicher Verpflichtungen in den USA erbracht werden. Dieses geschieht mit dem Formular 8854 »Initial and Annual Expatriation Statement«, mit dem man eine rechtlich verbindliche Zusicherung abgibt, dem US-Fiskus in den letzten fünf Jahren vor Aufgabe der Greencard seinen ordnungsgemäßen Obolus entrichtet zu haben. Für das Jahr des Umzugs ist dann noch eine abschließende US-Einkommenssteuererklärung einzureichen, welche dem Formular 8854 beigefügt wird.
Soweit, so unspektakulär…
zumindest für Normalverdiener ohne größeres Vermögen. Für alle besser Betuchten empfiehlt sich aber durchaus der Griff zum Rechenschieber. War man nämlich in den letzten 15 Jahren mindestens acht Jahre lang Inhaber einer Green Card, überstieg die Einkommenssteuerlast dabei 162.000 Dollar (Stand 2017, die Summe wird jedes Jahr der Inflation angepasst) und verfügte man zudem über ein weltweites Vermögen von mehr als zwei Millionen Dollar, schaut der IRS genauer hin. In diesem Fall gehen die US-Behörden nämlich davon aus, dass die Greencard aus steuerlichen Gründen abgegeben werden soll – mit der unangenehmen Folge, dass eine Wegzugsteuer (bekannt als »Exit Tax«) entrichtet werden muss.
Danke Eduardo Saverin!
Dass der Internal Revenue Service beim »Abkassieren« wegzugswilliger Vermögender in den letzten Jahren besonderen Eifer zeigt, haben wir wohl nicht zuletzt Eduardo Saverin zu »verdanken«. Der einstige Kommilitone von Mark Zuckerberg und Mitbegründer von Facebook war einst aus Brasilien in die USA eingewandert, hatte zunächst die Green Card und dann die US-Staatsbürgerschaft erworben – und wurde nach dem Börsengang des Social-Media-Giganten märchenhaft reich. Später zog er dann nach Singapur, gab seine US-Staatsbürgerschaft auf – und erweckte den Unmut der amerikanischen Öffentlichkeit. »Wir werden ihn damit nicht so einfach davonkommen lassen», erklärte der New Yorker Senator Charles Schumer damals erbost. Es mache ihn wütend, dass jemand das Land hintergehe, das ihn aufgenommen und behütet habe und mit dessen Hilfe er Milliardär geworden sei. »Das ist eine großartige amerikanische Erfolgsgeschichte, die am Ende schrecklich schief gelaufen ist.«
Weltweiten Vermögenswerte offenlegen
Saverin zahlte dem Vernehmen nach später eine dreistellige Millionensumme an den US-Fiskus. Der vollen Exit Tax entsprach die Summe aber wohl keineswegs. Bei der Ermittlung der Wegzugssteuer muss der Steuerpflichtige nämlich seine weltweiten Vermögenswerte gegenüber den US-Steuerbehörden offenlegen. Diese werden daraufhin zum Verkehrswert (»Fair-Market-Value«) am Tag vor der Aufgabe der Green Card oder US-Staatsbürgerschaft bewertet. Für die Berechnung der Exit Tax wird dann fingiert, dass die Vermögenswerte des Steuerpflichtigen am Tag vor der Aufgabe der US-Staatsbürgerschaft beziehungsweise der Green Card zum »Fair-Market-Value« veräußert wurden.
Exit Tax
Die Exit Tax wird, unter Berücksichtigung der Anschaffungskosten, auf den sich ergebenden virtuellen Gewinn aus diesen fiktiven Verkäufen erhoben, wobei die ersten 699.000 Dollar (Stand 2017, dieser Betrag unterliegt einer jährlichen, inflationsbedingten Indexierung) nicht besteuert werden. Liegt der ermittelte unrealisierte Gewinn über 699.000 Dollar, wird er für das entsprechende Kalenderjahr mit einer Steuer von bis zu 23,8 Prozent belegt. Das gilt selbst für Gewinne von Vermögenswerten, welche in den USA liegen (wie zum Beispiel Liegenschaften) und bei einem späteren Verkauf – ungeachtet des neuen Wohnsitzes der aus den USA weggezogenen Person – weiterhin in den USA steuerpflichtig wären.
Einfluss auf die Höhe der Exit Tax
Natürlich hätte Saverin schon vor seiner »Expatriation« Richtung Asien Einfluss auf die Höhe der zu entrichtenden Exit Tax nehmen können, indem er zum Beispiel durch unentgeltliche Zuwendungen (Schenkungen oder Erbvorbezug) das weltweite Nettovermögen reduziert hätte. In seinem Falle wäre das aber wohl nur der sprichwörtliche »drop in the bucket« gewesen. Offenbar hat er die von ihm letztlich gezahlte Summe aber auch so gut verkraftet: Mit einen Vermögen von 7,8 Milliarden Dollar braucht der Facebook-Mitbegründer auch heute nicht am Hungertuch zu nagen.