
Digitale Nomaden
Einer meiner Mandanten ist ein echter Weltenbummler. Schaut er mal bei uns in der Kanzlei in Bonita Springs vorbei, wird’s unterhaltsam; seine Reiseerlebnisse aus aller Herren Länder sind meist atemberaubend. Er ist IT-Fachmann, wird für Projekte überall auf dem Globusangeheuert. Und entscheidet selbst, was er macht und wohin er geht.
Damit gehört er zu einer wachsenden Gruppe von Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt verschieben wie andere ihre Zimmerpflanzen. Sie bezeichnen sich als multilokal und ortsunabhängig. Und nennen sich »Digitalnomaden«. Feste Arbeitsplätze und –zeiten? Längst passé! Nur ihr Arbeitslaptop ist stets dabei– das Leben ist zu kurz, um es im immerselben Büro zu verbringen.
Weltweite verpflichtete Steuererklärung
Die Welt der Digitalnomaden könnte so schön sein – wenn, ja wenn da nicht lästige Steuerfragen wären, mit denen sich sowohl hoch bezahlte Fachleute wie mein Mandant als auch Lebenskünstler mit Reiseblog befassen müssen. Vor allem in den Vereinigten Staaten. Denn die USA sind bekanntermaßen das einzige entwickelte Land, das die Steuern auf Grundlageder Staatsbürgerschaft anstatt des Wohnsitzes erhebt. Dies bedeutet, dass alle US-Bürger (und natürlich auch Greencard-Holder) verpflichtet sind, eine Steuererklärung abzugeben, wo immer in der Welt sie leben. Immerhin: den Freibetrag im Rahmen der »Foreign Earned Income Exclusion« können natürlich auch Digitalnomaden ausschöpfen.
Wer beweisen kann, dass er den Großteil des Jahres – genau gesagt 330 Tage – im Ausland lebt, für den bleiben dieersten 103.900 Dollar seines aktiven Jahreseinkommens (Stand 2018) steuerfrei. Es ist daher wichtig, die Reisen in die USA sorgfältig zu planen, um sicherzustellen, dass die Anzahl der Tage, die man »daheim« verbringt(einschließlich Teiltage), weniger als 35 Tage im Jahr beträgt. Dies kann den Unterschied ausmachen zwischen der Pflicht zur Zahlung von US-Steuern auf ihr Einkommen oder eben nicht.

Foreign Tax Credit
Für Amerikaner, die Einkommenssteuer in einem fremden Land mit einer höheren Rate als den US-Steuersatzbezahlen, kann es übrigens besser sein, den »Foreign Tax Credit« zu beanspruchen. Dieser erlaubt eine Steuergutschrift von einem Dollar für jeden Dollar, der in einem fremden Landbezahlt wurde. Wer anderswo mehr Steuernbezahlt hat, als in den USA schuldig gewesen wären, kann eine Steuergutschriftverlangen – und die überschüssigen Gutschriften können für eine zukünftigeVerwendung vorgetragen werden. Um die ausländische Steuergutschrift zubeanspruchen, sollte das Formular 1116 mit der Steuererklärung eingereichtwerden.
Foreign Bank Account Reports (FBAR)
Ganzwichtig für amerikanische Digitalnomaden: Wer Bank- oder Investmentkonten im Ausland mit einer kombinierten Gesamtbilanz von über 10.000 Dollar zu jeder Zeitwährend des Steuerjahres hält, ist verpflichtet, diese per »ForeignBank Account Reports (FBAR)« an das Financial Crimes Enforcement Network zumelden. Dazu gehören im Übrigen auch Konten, über die Zeichnungsbefugnisbesteht oder über die in anderem Namen verfügt werden kann. In der Praxis muss das entsprechende FinCen Formular 114bis zum 15. April online eingereicht werden, eine Fristverlängerung bis zum 15. Oktober ist möglich. Die Strafen für Nicht-/Falsch- oder unvollständig eingereichte FBARs sind drastisch, beginnend bei 10.000 Dollar pro Jahr, wenn die Straftat als Vorsatz gilt.
FBAR-Regeln nicht nur für Digitalnomaden
Natürlich gelten die FBAR-Regeln nicht nur für Digitalnomaden wie meinen Mandanten, sondern generell für US-Staatsbürger, »Resident Alien« sprich Greencard-Halterund diejenigen, die als US-Residenten steuerlich behandelt werden. Zudem auch für Unternehmen, einschließlich Körperschaften, Personengesellschaftenoder Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die in den USA oder nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten gegründet oder organisiert sind sowie Trustsoder Nachlässe, die nach den Gesetzen der Vereinigten Staaten gebildet wurden.
Darüberhinaus müssen bestimmte Steuerpflichtige möglicherweise auch das Formular 8938 »Statement of Specified Foreign Financial Assets« ausfüllen und zusammen mitder Einkommenssteuererklärung beifügen, wenn der Gesamtwert des Vermögensbestimmte Schwellenwerte überschreitet.

Offenlegungsprogramme der IRS
In meiner Praxis erlebe ich immer wieder, dass sich viele Privatleute und Firmen dieser Offenlegungspflicht nicht bewusst sind. Wenn Sie Ihre ausländischen Bankkonten in der Vergangenheit nicht offengelegt haben, bleibt oft nur, sich für eines der freiwilligen Offenlegungsprogramme der IRS zu bewerben, um ein mögliches strafrechtliches Verfahren zu vermeiden. Bis Ende September 2018 bot der IRS dafür das »Offshore Voluntary Disclosure Program« (OVDP) an. Leider beschloss der IRS nach neun Jahren, das Programm zu beenden. Für viele ist das »IRS Streamlined Programm« nun ein Weg, ein Strafrechtsverfahren ist hierbei im Nachgang allerdings nicht ausgeschlossen. Das IRS hat jedoch angekündigt, auch dieses Programm möglicherweise bald zu beenden.
Wir jedenfalls konnten unserem weltenbummelnden Mandanten frühzeitigdabei helfen, sämtliche Offenlegungspflichten rechtzeitig zu erfüllen. Damit erauch weiterhin ohne ein schlechtes Gewissen im Gepäck rund um den Globus reisenkann.