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Wann eine Betriebsprüfung Sinn ergibt
Derzeit sind mehr als 3.700 Tochtergesellschaften deutscher Mutterunternehmen in den USA angesiedelt. Mehr als jedes zweite deutsche Unternehmen, das in den Vereinigten Staaten aktiv ist, will nach aktuellen Erhebungen der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) hier sein Investitionsvolumen aufstocken.
Für mittelständische Firmen in den USA besteht dabei in der Regel keine Prüfungspflicht. Lediglich Unternehmen, die Wertpapiere an einer beaufsichtigten Börse emittieren oder in regulierten Branchen tätig sind (zum Beispiel Banken), sind verpflichtet, ihren Abschluss nach US-GAAP (»Generally Accepted Accounting Principles«) aufzustellen und prüfen zu lassen. Dennoch kann sich auch bei mittelständischen Unternehmen eine solche Verpflichtung aufgrund einer Konzernzugehörigkeit oder vertraglicher Vereinbarungen mit Banken, Kunden oder Lieferanten ergeben.
US-GAAP-Abschluss
Für steuerliche Zwecke – also meinem Fachgebiet – ist ein US-GAAP-Abschluss ebenfalls nicht zwingend erforderlich. Gleichwohl erfolgt die steuerliche Gewinnermittlung grundsätzlich nach der Zurechnungsmethode (»Accrual Method«). Dafür wird typischerweise in einer amerikanischen Bundessteuererklärung der nach US-GAAP-Prinzipien aufgestellte Abschluss wiedergegeben und die steuerlichen Anpassungen in einer Überleitung vom Jahreseinkommen zum zu versteuernden Einkommen vorgenommen. Kleinere Gesellschaften können alternativ die Möglichkeit der Gewinnermittlung nach dem Zuflussprinzip (»Cash Method«) nutzen. Hierfür wurde im Rahmen der jüngsten US-Steuerreform der Schwellenwert der Bruttoeinnahmen (»Gross Receipts«) von 5 auf 25 Millionen Dollar angehoben.

Prüfungspflicht
Besteht eine gesetzliche Prüfungspflicht, ist der Prüfungsgegenstand grundsätzlich der Jahresabschluss, der aus Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung, einem Anhang, einer Eigenkapitalveränderungsrechnung (wir Deutschen sind wirklich Weltmeister bei der Schaffung von Wortungetümen!) sowie einer Kapitalflussrechnung besteht. Der Anhang des US-GAAP-Abschlusses (»Notes«) beinhaltet dabei unter anderem Untergliederungen der in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung enthaltenen Posten sowie Informationen zu den Geschäften mit nahestehenden Personen (»Related party transactions«).
Keine Prüfungspflicht
Da keine grundsätzliche Prüfungspflicht besteht, ist – abhängig von den Anforderungen aufgrund der Konzernzugehörigkeit – neben einer Vollprüfung (»Audit«) häufig auch eine prüferische Durchsicht (»Review«) des US-Abschlusses oder des regelmäßig zu erstellenden HGB-Reporting-Packages möglich. Weiterhin kann eine Erstellung mit vereinbarten Prüfungshandlungen (»Compilation with Agreed-Upon Procedures«) eine sinnvolle Alternative darstellen.

HGB-Reporting
Beim HGB-Reporting muss sichergestellt werden, dass es unter Anwendung der deutschen Bilanzierungsregeln und der Konzernrichtlinien erstellt wird. Hierfür sind Ansatz-, Ausweis- und Bewertungsunterschiede zu analysieren. Aktuell gilt es insbesondere die Auswirkungen der neuen US-Standards zur Umsatzrealisierung (»Revenue Recognition«) sowie zur Leasingbilanzierung (»Lease Accounting«) zu beachten, die für mittelständische Unternehmen grundsätzlich bei kalendergleichen Wirtschaftsjahren ab dem aktuellen Geschäftsjahr 2019 beziehungsweise 2020 anzuwenden sind.

Altersversorgungsplänen
Eine Besonderheit stellt die Prüfung von Altersversorgungsplänen (»Employee Benefit Plans«) dar. Häufig werden von US-Unternehmen für ihre Mitarbeiter zum Zwecke der Altersvorsorge Entgeltbestandteile in steuerlich begünstigte Versorgungspläne eingezahlt. Ein weit verbreitetes Modell ist dabei der 401(k)-Plan. Dabei verzichtet der Mitarbeiter auf die Auszahlung eines Teils seines Gehalts und lässt diesen stattdessen in den Rentenplan einzahlen; der Arbeitgeber kann die Einzahlungen dann weiter aufstocken. Der Employee Retirement Income Security Act (»ERISA«) sieht nun vor, dass bei Altersvorsorgeplänen mit mehr als 100 begünstigten Arbeitnehmern grundsätzlich eine jährliche Prüfung durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden muss. Anschließend erfolgt die Berichterstattung an das Arbeitsministerium (Department of Labor), die Finanzbehörde (Internal Revenue Service) und die Pensionsaufsicht (Pension Benefit Guaranty Corporation).
Sie sehen: Für Tochtergesellschaften deutscher Firmen in den USA sind die Dienste einer mit den hiesigen Gegebenheiten vertrauten Steuerberatungskanzlei unverzichtbar. Aus meiner Sicht steht aber fest, dass es trotz einer – im Vergleich zu Deutschland – geringeren Zahl an gesetzlichen Verpflichtungen in den USA auch zahlreiche gute Gründe für die Prüfung durch einen kundigen Wirtschaftsprüfer gibt.