
An der Quelle(nsteuer)
Was deutsche Investoren in ausländische Aktien oder Fonds beachten müssen
Wer sich als internationaler Finanzjongleur oder abgekochter Börsenzocker ständig in der Welt der Bullen und Bären tummelt, sollte jetzt vielleicht mal weghören. Für sie ist das, worüber ich heute schreiben will, eine Selbstverständlichkeit. Profan geradezu. Für alle anderen mag im Folgenden aber vielleicht doch etwas Neues dabei sein.
»Angerechnet« oder »Anrechenbar«
Also los: Deutsche Anleger, die ausländische Aktien besitzen oder einen Fonds, der ausländische Aktien beinhaltet, kennen die Formulierung aus der jährlichen Steuerbescheinigung der Bank: Da heißt es wahlweise »angerechnete« oder »anrechenbare« ausländische Quellensteuer, die Sparer dann in bestimmte Felder der Anlage KAP (»Einkünfte auf Kapitalvermögen«) in der Steuererklärung eintragen sollen.
Doch was steckt eigentlich dahinter?
Ganz allgemein gesprochen ist Quellensteuer eine Steuer auf Kapitalerträge wie Zinsen oder Dividenden, die Investoren aus dem Ausland dem Quellenstaat bezahlen müssen. Angenommen, ein deutscher Anleger investiert in die Aktie eines US-Konzerns und bezieht daraus eine Dividende. Der Quellenstaat USA würde dann auf diese Dividende (Kapitalertrag) Quellensteuer einbehalten – der deutsche Anleger ist aus US-Sicht naturgemäß Ausländer. Quellensteuer fällt auch an, wenn ein deutscher Anleger in einen Fonds investiert hat, der ausländische Aktien enthält.
Quellensteuersatz
Jeder Quellenstaat legt den Quellensteuersatz auf Kapitalerträge selbst fest. In den USA gilt momentan eine Quellensteuer von 30 Prozent. Anleger, die US-Aktien besitzen und daraus 100 Euro Dividende erhalten, bekämen zunächst einmal nur 70 Euro gutgeschrieben. Allerdings ist es Investoren möglich, sich einen Teil der Quellensteuer zurückzuholen. Das geht immer dann, wenn zwischen dem jeweiligen Quellenstaat und dem Land des Anlegers ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht. Die Finanzbehörden beider Länder verständigen sich darin auf einen maximalen Steuersatz, den ausländische Anleger auf Kapitalerträge zahlen müssen. Oft liegt dieser bei 15 Prozent – und ist damit häufig niedriger als der Quellensteuersatz.
Noch einmal zurück zu unserem Beispiel:
Ein Anleger hält US-Aktien, auf die eine Dividende von 100 Euro anfällt. Nach Abzug der Quellensteuer verbleiben dem Anleger 70 Prozent. Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA sieht aber vor, dass deutsche Privatanleger maximal 15 Prozent Steuer bezahlen müssen. Der Anleger bekommt daher in der Regel statt 70 Euro 85 Euro Dividende auf seinem Konto gutgeschrieben.

Automatische Dividende
Es kann vorkommen, dass Besitzer von ausländischen Einzelaktien automatisch die Dividende inklusive Erstattung gutgeschrieben bekommen – wie beschrieben etwa bei Aktien aus den USA. Ansonsten müssen Anleger die Erstattung erst beantragen. Dazu müssen sie ein spezielles Formular ausfüllen, das sich auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern findet. Die Behörde übermittelt die Informationen dann an den Quellenstaat. Je nach Land kann es unterschiedlich lang dauern, bis die Erstattung tatsächlich gutgeschrieben wird. Länder wie die Schweiz und Österreich erstatten die Beträge innerhalb weniger Wochen. Andere Länder – wie etwa Italien – stehen in dem Ruf, sich Jahre Zeit zu lassen, um die zu viel bezahlte Quellensteuer zurückzuzahlen.
Abgeltungssteuer
Zusätzlich können Anleger die verbleibende, also nicht erstattbare Quellensteuer auf die Abgeltungssteuer anrechnen lassen. In der Regel sind das 15 Prozent des Dividendenertrags. Und in der Regel kümmert sich die Depotbank automatisch um die Anrechnung. Nachjustieren können Anleger, indem Sie die entsprechenden Informationen aus der Jahressteuerbescheinigung der Bank in die Steuererklärung übertragen. Achten Sie auf den Posten »anrechenbare, aber noch nicht angerechnete Quellensteuer«.
Abgeltungssteuer zahlen Anleger auf Bruttodividenden; der Fiskus behält sie ein, sofern kein Freistellungsauftrag besteht oder der Freistellungsauftrag ausgeschöpft wurde. Mein Tipp: Bündeln Sie Ihre Aktien aus Ländern mit Quellensteuerabzug in einem Depot und stellen Sie keinen Freistellungsauftrag. Nur dann wird die Quellensteuer angerechnet und verpufft nicht.
Fonds
Wer nicht in Einzelaktien, sondern in einen Fonds investiert hat, muss sich weniger kümmern. Beliebt bei Anlegern zur Vermögensbildung sind zum Beispiel Fonds oder ETFs, die im Ausland aufgelegt sind und Dividenden wieder anlegen – die Banker nennen das »thesaurieren«. In diesem Fall steht zwischen Anleger und Quellenstaat der Fonds. Der Fonds kümmert sich zunächst darum, die Quellensteuererstattungen zu erhalten.
Wichtig allerdings: Seit 2018 ist in Deutschland die Reform der Investmentbesteuerung in Kraft. Sie hat zum Ziel, die Besteuerung verschiedener Fondsarten anzugleichen und einen Steueraufschub bis zum Tag des Verkaufs zu vermeiden. Die Anrechnung der Quellensteuer auf die Abgeltungssteuer fällt seither bei im Ausland aufgelegten, thesaurierenden Fonds weg.