»Chicken Tax«, die nächste!

Trumps Drohkulisse hoher Einfuhrsteuern hat eine lange Tradition

Eine skurrile Fußnote der Wirtschaftsgeschichte? Sollte man eigentlich meinen. Doch die Folgen des legendären »Hühnerkriegs« spüren Unternehmer und Verbraucher bis heute. Der Handelsstreit um Billighühnchen, den sich Amerika in den 1960er Jahren mit Frankreich und Deutschland lieferte, bestimmt auch im Jahre 2019 den US-Markt für Pick-ups und Transporter. Und könnte angesichts der handelspolitischen Drohgebärden von Präsident Donald Trump kaum aktueller sein.

Wir erinnern uns:

Ab 1960 eroberten billige Hühnchen aus den USA die europäischen Märkte. »Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen in den Wienerwald«, hieß es damals. Die Nachfrage war groß. Und von irgendwoher mussten die Rotisserie-Spieße der Wirtschaftswunderjahre schließlich bestückt werden! Amerika sprang dankend in die Bresche, die Exportflut ließ die Preise fallen, europäische Landwirte fürchten um ihre Existenz. Um die heimische Branche zu schützen, reagierten Frankreich und die Bundesrepublik mit hohen Einfuhrzöllen. Doch die Revanche folgte prompt – die USA zogen ihrerseits Handelsbarrieren für landwirtschaftliche Produkte hoch.

Treffen wo es schmerzt.

Doch damit nicht genug. Um sich im Wahlkampf die Unterstützung der Autogewerkschaft zu sichern und die Handelsgegner dort zu treffen, wo es schmerzt – etwa beim VW-Bus, dem damaligen Exportschlager Deutschlands – erhob US-Präsident Lyndon B. Johnson die 25-prozentige »Chicken Tax« kurzerhand auch für leichte Nutzfahrzeuge aus dem Ausland. Während für Pick-up-Trucks beim Import seither ein Viertel ihres Warenwerts aufgeschlagen wird, gilt für Pkw nur ein Einfuhrzoll von 2,5 Prozent. Die Folge: Die US-Autobauer blieben bei den beliebten Pritschenwagen und Kleinlastern jahrelang praktisch ohne europäische Konkurrenz. So bietet etwa Volkswagen seinen Pick-up Amarok heutzutage gar nicht erst in den USA an.

Japanische Autobauer

Gut, inzwischen mischen japanische Autobauer im Geschäft mit Pick-ups kräftig mit. Aber vor allem auch deshalb, weil sie sich relativ früh dazu entschlossen, Fabriken in den USA zu bauen, um dem Strafzoll auszuweichen. Bis es allerdings soweit war, versuchten es Nippons Autokonzerne mit einigen bizarren Umgehungsmanövern: Die betroffenen Fahrzeuge wurden einfach grob in Komponenten zerlegt eingeführt und dann in den USA wieder zusammengebaut. So kamen etwa Fahrgestell und Ladefläche separat über die Grenze, erst in den USA wurden daraus wieder Pick-ups.

1980 schob die US-Regierung dem jedoch einen Riegel vor. Ab jetzt war Fantasie gefragt: Subaru verpasste seinem Pritschenwagen »BRAT« zwei nach hinten gerichtete Plastiksitze mit Panoramablick auf der Ladefläche, um ihn so als Pkw einführen zu können.

US-Autobauer treiben es auf die Spitze

Später sollte auch ein US-Autobauer die kuriosen Folgen der »Hühnchen-Steuer« auf die Spitze treiben: Ford importierte den kostengünstig im Ausland gefertigten Minitransporter »Transit Connect« mit Rücksitzen und -Fenstern – die dann im Heimatland wieder ausgebaut wurden, um den Fahrzeugtyp umwidmen zu können. Das gab aber Ärger mit den US-Zollbehörden, die der Praxis 2013 Steine in den Weg legten.

Auch die Daimler-Benz AG begegnet der Steuer schon länger auf recht groteske Art: Die Stuttgarter verkaufen in den USA ihren europäischen Verkaufsschlager Mercedes Sprinter. Die Transporter werden im Düsseldorfer Werk fertig gebaut – dann aber in größere Teile zerlegt, verschifft und in einem Werk im US-Bundesstaat North Carolina wieder zusammenmontiert.

Das einzige Teil aus US-Produktion: Die Batterie. Auf diese Weise werden nur Einfuhrzölle von 2,5 Prozent fällig. Doch dieses, im Fachjargon »Semi-Knocked-Down« genannte Verfahren, ist aufwendig. Wirtschaftlicher wäre es für den deutschen Konzern, vor Ort zu fertigen. Und genau das wird nun gemacht. In North Charleston im US-Bundesstaat South Carolina eröffnete Daimler jüngst für rund 500 Millionen Dollar ein neues Sprinter-Werk, der erste dort gefertigte Transporter ging an den Online-Händler Amazon, der seine Lieferflotte in den USA in den nächsten Jahren um 20.000 Vans von Mercedes-Benz erweitern will.

Einfuhrsteuern von 35%

Sollte US-Präsident Trump allerdings Ernst machen mit seinen Strafzöllen auf US-Importe, so könnte sogar die hohe »Hühnchen-Steuer« bald zur handelsgeschichtlichen Randnotiz werden. Die Drohkulisse sieht Einfuhrsteuern von 35 Prozent vor – ein Schreckensszenario für die Industrie. Bislang ist schwer einzuschätzen, ob Trump blufft oder nicht. Jüngst hat er per Dekret eine Untersuchung der US-Handelsbeziehungen angeordnet, die »unfairen Praktiken« auf den Grund gehen soll. Gegen deutsche Stahlkocher wie Salzgitter oder Dillinger Hütte hat US-Handelsminister Wilbur Ross bereits Maßnahmen wegen angeblichen Preis-Dumpings eingeleitet. Da dürfte bei vielen europäischen Exportunternehmern der Angstschweiß auf der Stirn stehen. Amerika hat nicht erst mit der »Chicken Tax« bewiesen, dass es durchaus happig zulangen kann.

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